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Anfrage über Abgeordnetenwatch an Hr.  Dr. Peter Tauber  (MdB) vom 7.10.2017:


Sehr geehrter Hr. Tauber,
stimmen Sie einer Verlängerung des Mandates für den Bundeswehreinsatz in Syrien zu?
Bitte um Begründung.

Deutschland hat zwar erst gezögert, in den Krieg einzugreifen, aber nach dem Terroranschlag von Paris kippte die Stimmung. In einer Debatte im Bundestag am 4.12.2015 warb SPD Abgeordneter Rolf Münzenich für den Krieg und erklärte: "....man müsse nun gegen den Islamischen Staat militärisch eintreten. " und zitierte die Resolution 2249 des UNO Sicherheitsrates und erklärte, die Staatengemeinschaft werde darin aufgefordert, die Bedrohung "mit allen Mitteln zu bekämpfen". Diese Aussage war irreführend. Wer sich die Resolution genau durchliest erkennt, das Sie Deutschland kein Recht auf einen Krieg mit Syrien gibt. Auch die CDU warb für den Krieg im nahen Osten.
Willy Wimmer, ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium und ehem. Vize Präsident der OSZE (und im Bundestag von 1976-2009), kritisierte die Politik von Fr. Merkel scharf.
Willy Wimmer: "Alles, was die Vereinten Nationen im Zusammenhang mit den Anschlägen in Paris zu Papier gebracht haben, gibt nichts, gar nichts her für diesen Militäreinsatz in Syrien.
Die Bundesregierung geht sehenden Auges in den Krieg und belügt die deutsche Öffentlichkeit... Wir können doch alle lesen und wissen doch, was in diesen Resolutionen drinsteht. Da steht nichts drin, was militärische Gewalt durch die BRD legitimiert !"
Die Resolution 2249 rief dazu auf, den Terror zu bekämpfen, was erst mal richtig ist. Aber die Resolution sagt auch ganz klar, das dieser Kampf in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht und der UNO Charta erfolgen muß. Die UNO Charta und das darin enthaltene Gewaltverbot gab nicht allen Länder der Welt das Recht, Syrien zu bombadieren!
Auch aus dem Grundgesetz (Art.26) geht hervor, daß Deutschland nicht an der Bombadierung von anderen Ländern mitwirken darf.

Von: Jochen Amann

 

Antwort Hr. Tauber vom 15.1.2018:


Sehr geehrter Herr Amann,

mit den menschenverachtenden Terroranschlägen in Paris vom 13. November 2015 griff der IS nicht nur Frankreich, sondern den europäischen Raum der Freiheit und des Rechts an. Der Angriff galt unserer Lebensweise und unseren Werten, er galt damit auch uns. Dagegen mussten wir uns verteidigen. Frankreich hat alle EU-Mitgliedstaaten um Beistand nach der EU-Beistandsklausel (Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages) gebeten. Wir standen und stehen solidarisch an der Seite unserer französischen Freunde.

Rechtsgrundlage des Einsatzes war Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen (Recht auf kollektive Selbstverteidigung). Die Vereinten Nationen sind ein System kollektiver Sicherheit im Sinne unseres Grundgesetzes. Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ist anerkannt, dass ein Staat sich (auch mithilfe anderer Staaten) gegen Angriffe eines internationalen Terrornetzwerks verteidigen darf.

Für die Ausübung des Selbstverteidigungsrechts ist es nicht erforderlich, dass stets eine ausdrückliche Sicherheitsratsresolution nach Kapitel VII der VN-Charta vorliegt. Ansonsten wäre die Bestimmung des Artikels 51 der VN-Charta überflüssig. Das Selbstverteidigungsrecht besteht vielmehr so lange, bis es dem Sicherheitsrat gelingt, mittels einer Kapitel-VII-Resolution die internationale Sicherheit wiederherzustellen.

Verstärkende Legitimationswirkung für die Ausübung des kollektiven Selbstverteidigungsrechts entfaltete die Sicherheitsratsresolution 2249. Sie stellte mit den Formulierungen des Kapitel VII fest, dass der IS eine Bedrohung für den Frieden und die internationale Sicherheit war. Daher forderte der Sicherheitsrat die Mitgliedstaaten (und damit auch das UN-Mitglied Deutschland) dazu auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Terrorakte des IS zu verhindern, und dafür ihre Anstrengungen zu verstärken. Das Vorgehen gegen den IS in Wahrnehmung der kollektiven Selbstverteidigung gemäß Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen ist von der Resolution 2249 umfasst.

Ergänzend stützte sich der Einsatz auf die EU-Beistandsklausel nach Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages. Auf dem Treffen des Rates der EU-Verteidigungsminister in Brüssel am 17. November 2015 hatten alle Mitgliedstaaten einhellig den französischen Antrag nach Artikel 42 Absatz 7 EU-Vertrag unterstützt und ihren Beistand zugesichert.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tauber


Wie man hier lesen kann, wird seitens Hr. Tauber mehrmals auf EU Verträge im Falle der deutschen Beteiligung in Syrien verwiesen. 

Die EU ist damit eine grundsätzliche Rechtfertigung zum militärischen Einsatz in anderen Ländern... auch in Syrien. 

Syrien ist aber auch ein souveräner Staat, und da gilt grundsätzlich das UN Gewaltverbot... die UN Resolution 2249  hatte lediglich attestiert, daß Staat zwar das Recht haben, sich gegen Terror zu wehren... aber nicht unter Missachtung eines Gewaltverbotes, der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit etc. gegenüber anderen Staaten !  Resolution 2249

Hier die wichtigsten Auszüge aus der Resolution:

(...) in Bekräftigung der Grundsätze und Ziele der Charta der Vereinten Nationen (die Charta beinhaltet ein grundsätzliches Gewaltverbot im Umgang unter den Staaten!)

(...) in Bekräftigung seiner Achtung der Souveränität, territorialen Unversehrtheit, Unabhängigkeit und Einheit aller Staaten im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen,

(...) fordert die Mitgliedstaaten, die dazu in der Lage sind, auf, unter Einhaltung des Völkerrechts, (...) 

(...) fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Anstrengungen zur Eindämmung des Zustroms ausländischer terroristischer Kämpfer nach Irak und Syrien

Nichts in der Rssolution legitimiert also irgendjemanden dazu, Syrien zu bombadieren oder auch nur den Luftraum zu verletzen!  

Daher nochmal die Frage - die EU, ein "Friedensprojekt"?  


Mit der gleichen Logik könnte ein anderer Staat Deutschland bombadieren, wenn es aus seiner Sicht begründete Hinweise dafür gäbe, daß sich hier Terroristen verstecken, die diesem Staat gefährlich werden könnten... 

 Zudem riskiert die BRD in Syrien einen Konflikt mit Russland. Sollte es zu so einem Konflikt kommen, will man das später mit einem "Terroranschlag " auf Charlie Hebdo in Frankreich  begründen?   

Aber bleiben wir mal bei EU Art. 42: Mal angenommen, es gibt einen Konflikt zwischen Spanien und England wegen Gibraltar (das 1704 von den Briten annektiert wurde). Bei einem Brexit ist England nicht mehr EU-Mitglied. Sollte sich dabei eine Art  "Falklandkrieg" zwischen Spanien und Großbritannien um Gibraltar entwickeln, müsste gemäß Art.42 Abs 7 EUV Deutschland als EU Mitglied im von Spanien ausgerufenen "Bündnisfall" militärisch gegen Großbritannien vorgehen...     


Für die "Juristen " unter den Lesern:

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Art 24 

(1) Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen.

(1a) Soweit die Länder für die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben zuständig sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung Hoheitsrechte auf grenznachbarschaftliche Einrichtungen übertragen.

(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.

(3) Zur Regelung zwischenstaatlicher Streitigkeiten wird der Bund Vereinbarungen über eine allgemeine, umfassende, obligatorische, internationale Schiedsgerichtsbarkeit beitreten.


Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 87a 

(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.

(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt.

(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.

(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.


UN Charta Kapitel VII

Artikel 51 Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat. Maßnahmen, die ein Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht, jederzeit die Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für erforderlich hält.


Friedensverrat

Paragraf 80

[1. Januar 2017]

§ 80. Vorbereitung eines Angriffskrieges. Wer einen Angriffskrieg (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.


Aber:  Aufgehoben durch das Gesetz zur Änderung des Völkerstrafgesetzbuches vom 22.12.2016 ! (BGBl. I S. 3150) mit Wirkung vom 01.01.2017


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